Montenegro - Durmitor-Nationalpark

Tag 131+132 - Montenegro: Ich fahre nicht die Südroute durch den Durmitor Nationalpark, weil ich aufgrund der Strecke

damit rechne, dass es sehr zeitraubend sein könnte und auch anstrengend.

Die Nordroute zurück aus dem Norden von Montenegro muss ich sowieso fahren. Ich komme gut durch und bald komme ich am Piva Stausee an und bin sprachlos. Steil aufragendes Gebirge umrahmt einen dunkelgrünen See. Immer wieder durchfahre ich kleinere Tunnel von deren Decke es zuweilen so stark tropft als regnete es. Nachdem ich eine der höchsten Staumauern Europas überquert habe komme ich wenig später in Scepan Polje an, dem Grenzübergang nach Bosnien-Herzegowina.

Eigentlich war die Holzbrücke, die über die Tara führt und gleichzeitig auch die Verbindung zwischen Montenegro und Bosnien-Herzegowina darstellt, mein Ziel, aber ein Blick von oben enttäuscht mich und zweitens muss ich vorher Kroatien verlassen um zur Brücke zu kommen, denn gleich hinter dem Ort befindet sich der Grenzposten.
Ich fahre in den kleinen Ort und komme zu einem Camp das ich aufgesucht hätte, wenn ich am Tag zuvor durchgefahren wäre. Der Eigentümer, wie sich bald herausstellt, steht vor seiner Garage und repariert eine Kaffeemaschine a la italienisches Eiscafé, neben sich eine BMW 650 GS.
Wir kommen sofort über unsere Motorräder ins Gespräch und er zeigt mir stolz, was er alles verändert hat. Dann lädt er mich auf einen Kaffee ein und wir setzen uns an einen Tisch direkt neben der Schlucht der tief unten fließenden Tara. Ich erzähle ihm ein wenig von meiner Tour und sage ihm, dass ich in Montenegro bis dato nur wenige Motorräder auf den Straßen gesehen habe. Ich erfahre, dass Motorräder hinsichtlich des jährlichen TÜV und auch hinsichtlich anderer Kosten den PKW gleichgestellt seien und Motorräder daher in Montenegro zu teuer und deshalb eher ein Luxus seien. Für meine weitere Fahrt in den Durmitor-Nationalpark gibt er mir den Tipp am Grenzposten zu sagen wo ich hin will, dann würde man mich durchlassen.  

Holzbrücke bei Scepan Polje

Grenzposten kurz hinter Scepan Polje

An einem Abzweig geht ein Schotterweg links ab, der zu einem Rafting-Camp führt, wo ich mir verspreche näher zur Tara zu kommen und dadurch besser und mehr zu sehen. Schon nach knapp 100 Metern bricht das Vorderrad beim Bremsen aus und das Moped fällt um. Obwohl ich sämtliches Gepäck ablege schaffe ich es auf dem abfallenden Schotterweg nicht, das Moped wieder aufzurichten. Irgendwann fängt auch mein Rücken an zu maulen und ich gehe die 100 Meter zurück um auf "Unterstützung" zu warten. Nach einiger Zeit kommt ein VW-Bus mit ein paar Raftern und will auch den Weg runter zur Tara. Als wir gemeinsam am Moped ankommen, stehen dort 6 gestikulierende Männer bei ihren zwei Fahrzeugen, die aufgrund des liegenden Motorrades den schmalen Weg herauf nicht passieren können. Ich entschuldige mich, stelle aber auch sofort fest, dass die Top-Case Kamera nicht mehr da ist und halte es den 6 Männern vor. Einige sprechen englisch, einige wollen die Kamera auch gesehen haben. Nachdem das Moped aufgerichtet ist lasse ich die Polizei rufen. Zwischenzeitlich wird immer mal wieder das umliegende Gebüsch abgesucht. So vergeht mindestens eine halbe Stunde in der ich unmissverständlich kundtue, was ich von der Situation halte, dass ich bis dato so etwas noch nie erlebt hätte, 20000 km unterwegs sei und dann Montenegro bestohlen werde, ich bis heute eigentlich gute Erfahrungen in Montenegro gemacht hätte oder so ähnlich. Allmählich gibt es aus der 6we Gruppe aber auch Anzeichen von Unmut wegen der Warterei. Die fünf aus dem VW-Bus halten sich dabei jedoch zurück und zeigen mir gegenüber sogar Verständnis. Die Suchaktivitäten der 6er Gruppe hingegen nehmen leicht zu und ich werde das Gefühl nicht los, dass man die Kamera bald "finden" könnte. Ich halte mich diskret an meinem Motorrad auf, um sie nicht zu stören, als plötzlich aus etwa 20 Meter Entfernung triumphierende Rufe auf den tatsächlichen Fund aufmerksam machen und man mich herbeiwinkt. Die Kamera liegt neben der Fahrspur im Gras. Ich habe die Kamera wieder, spiele den Glücklichen, schüttle gereichte Hände ob dieses positiven Ausganges und kann mir den Vergleich mit Kindern die etwas ausgefressen haben gedanklich nicht verkneifen.

Fast 2 Stunden sind seit meinem Umfaller vergangen, was im Grunde nicht weiter schlimm wäre, wenn sich die Wetterlage des Vortrages nicht wiederholen würde. Dunkle Wolken und ein weit entferntes Donnern raten mir mich wieder auf den Weg zu machen. Noch ca. 1,5 Stunden reine Fahrzeit bis Zabljak, wo ich mir ein Hotel suchen will, liegen vor mir, auf einem schmalen asphaltierten und sehr kurvigen Weg. Ich versuche erst einmal so schnell wie möglich aus der Gewitter-Gefahren-Zone zu kommen, was mir auch gelingt.

Ich bin bestimmt nicht der Typ der schnell in Superlative verfällt, aber was ich dann landschaftlich erlebe ist auch ohne Sonne einfach nur wunderschön. Eine unfassbar sehenswerte Gegend. Ich fahre an Ortschaften vorbei deren Häuser in der Landschaft verteilt sind ohne scheinbare Straßenverbindung und mache Rast in einem kleinen "Restoran" und sitze zwischen den wenigen Gästen eines dieser überschaubaren Dörfer, muss dann aber zusehen, dass ich weiterkomme.

Bilder aus dem Durmitor-Nationalpark

Unterwegs begegnen mir Opa mit Enkelkind und dessen Eltern. Der Opa, nur noch wenige Zähne im Mund, ruft mir winkend und lachend etwas zu und ich halte einfach mal ab. Der junge Vater kann ein paar Brocken Englisch, will wissen woher ich komme und hebt anerkennend den Daumen Richtung meines Motorrades. Dann ein kurzes Abschiedswinken und weiter geht es.

Als ich in Zabljak ankomme machen sämtliche Hotels einen geschlossenen Eindruck. Zabljak scheint unübersehbar ein touristischer Ort zu sein, von Touristen allerdings keine Spur. Spontan folge ich einem Hinweisschild eines Hotels und lande in einer kleinen Seitenstraße. Das Hotel ist geschlossen. Vor dem Haus sitzen 2 alte Frauen und die Frisörin von gegenüber. Keine spricht englisch. Ich immer noch kein Serbisch. Ein paar Handzeichen von mir und dann wird telefoniert. Wenig später taucht ein älterer Mann mit Auto auf. Der kann auch kein Englisch spricht, von Deutsch ganz zu schweigen. Er wechselt ein paar Worte mit den Frauen und dann deutet man mir an, dass ich noch 5 Minuten warten solle. Nach 5 Minuten kommt der Mann in Begleitung der Hotelbesitzerin zurück. Ich bekomme ein Zimmer mit Frühstück und die Information, dass tatsächlich alle Hotels geschlossen seien und manche erst Anfang Juli wieder öffneten. Das einzige was mich irritierte war ein aktueller 12-Montskalender über Leben und Wirken von "Tito". Als ich abladen will entlädt sich der Himmel. Glück gehabt. Quasi eine Punktlandung.

Da hatte ich gedacht einen ruhigen Tag zu verbringen, etwas zu cruisen mich treiben zu lassen, war es irgendwie wieder einmal ein geiler Tag.

Nachdem ich wieder aufgeladen habe fahre ich zum nahegelegenen "Black Lake", stelle das Motorrad etwas abseits ab und gehe durch den vom Gewitter nach Moder, feuchtem Waldboden und Holz duftenden und morgenkühlen Wald. Es ist absolut windstill und ruhig. Der Süßwassersee liegt vor mir und das im Hintergrund liegende Gebirge spiegelt sich wie ein zweites auf der Wasseroberfläche. Ein besonderer Morgenspaziergang.



Heute geht es nach Serbien. Auf dem Weg liegt eine Brücke, die den Tara-Canyon, den größten Europas und zweitgrößten der Welt überspannt. Ich mache eine Rast und genieße die Aussicht. Nur ein paar wenige Menschen sind in der Nähe. Alle Souvenirshops sind geschlossen. Ich mache ein paar Fotos und fahre weiter. Gegen Mittag verlasse ich Montenegro und überquere die Grenze nach Serbien.



Hier möchte ich mal ein Fazit ziehen:
Montenegro hat mir landschaftlich sehr gut gefallen. Meine geplante Streckenführung führte zufällig überwiegend entlang der ausgewiesenen "Panorama-Routen" und größtenteils diesen Namen auch verdient. Ich habe nur freundliche und aufgeschlossene Menschen kennengelernt die sich freuten, das man ihr Land besucht. Selbst beim Verschwinden der Kamera waren es immerhin 5 Personen, die den einen überreden konnten, die Kamera "finden" zu lassen. Mir war aufgefallen, dass es nur wenige Motorräder in Montenegro zu geben scheint, was damit erklärt wurde, dass es zu teuer und Motorradfahren damit ein gewisser Luxus sei. Ich hörte, dass man offenbar eher nach 
Montenegro fliegt und nicht mit dem Wagen oder Motorrad kommt. Wer das aber einmal machen sollte, wird in Montenegro unvergessliche Eindrücke bekommen und fasziniert sein von der Landschaft und vielleicht auch von den Menschen.

Grenze nach Serbien - Ausreise Montenegro

Tags: Montenegro, Balkan