Wenn sich die Frage stellt, einen Weg konsequent weiterzugehen

Tag 22 - Portugal: Nachdem ich gegen 11 Uhr die Grenze zu Portugal überquert hatte oder zumindest das, was davon noch übrig geblieben ist, fahre ich durch den Nationalpark "Penedas Geres" in Richtung Braga. Unterwegs bekomme ich einen Eindruck, warum man diese Gegend zum Nationalpark erklärt hat.
Ich möchte mir das sich 5 Kilometer vor Braga befindende römisch-katholische Heiligtum "Bom Jesus do Monte" ansehen. Um dorthin zu gelangen nutze ich aus Unwissenheit den etwas schwierigeren Weg und wenige Augenblicke später stelle ich mir dann die Frage, ob ich einen einmal eingeschlagenen Weg konsequent fortsetzen oder lieber umkehren soll.
Die Straße wird schmaler und führt in kleineren Kurven durch teilweise eng stehende Häuser, so wie ich es bei den Durchfahrten von Bergdörfern schon kennengelernt hatte. Ein einziges Hinweisschild verbietet die Fahrt mit einem Wohnwagen und die Straße geht sodann in eine Steigung über. Und sie wird steiler und noch steiler. Gefühlt 20 % Steigung. Pflaster. Die Kurven liegen teilweise noch im Schatten und sind noch nicht ganz abgetrocknet. Naja wird ja gleich vorbei sein, denke ich und beginne mich durchzubeißen. Irgendwann erreicht die Steillage einen Grad, die folgende Kurve einen Winkel, dass ich "Fracksausen" komme und anhalte. Im Moment des Stillstands geht es auch gleich wieder abwärts. Rückwärts. Funktioniert ABS eigentlich auch beim Rückwärtsfahren? Das Motorrad stoppt aber trotzdem. Quer auf der Straße stehend frage ich mich mit einem Blick nach unten und einem weiteren nach oben, wie es weitergehen soll. Weiter nach oben steigt die Straße noch etwas an und zurück? Wenn das Motorrad schon fast von allein rutscht, wie dann erst beim Fahren. Da der Weg nach oben zudem deutlich kürzer erscheint, bringe ich das Motorrad irgendwie in eine bessere Ausgangsposition. Mit schleifender Kupplung gebe ich Gas. Es geht. Die nächsten ca. 200 Meter laufen super, wenn man das unter diesen Umständen mal so sagen darf. Bis zur letzten Kurve. Noch etwa 100 Meter. Noch etwas mehr Steigung. Aber die Rechtskurve hat mehr als 90 Grad und sie liegt deutlich im Schatten, also feuchtes Pflaster. In der Außenkurve mache ich eine kleine horizontal wirkende Stelle aus. Ich entscheide mich dort einen Zwischenstopp einzulegen, um durchzuatmen und das Motorrad neu auszurichten. Ich bremse zu früh, erreiche den vielversprechenden erdigen Untergrund nicht ganz und komme knapp davor zum Stehen. Auf dem feuchten Pflaster.
Und dann ging es rückwärts. Vor mir oder besser hinter mir, lagen mehr als 100 Meter gerader Steillage. Das Motorrad wurde mit jeden Augenblick merklich schneller. Meine einzige Chance sah ich darin, das Motorrad irgendwie gegen eine am rechten Fahrbahnrand befindliche niedrige Mauer zu lenken, um so wenigstens ein Weiterrutschen zu beenden. Als ich gegen die Mauer stieß und das Hinterrad zudem in eine Art Regenrinne geriet, konnte ich das Motorrad nicht mehr halten.
Ich rappelte mich auf und hatte auf der nicht gerade als Durchgangsstraße anzusehenden Straße Glück, als sich ein Pkw näherte. Mit meinem Einverständnis rief der Fahrer die Polizei. In der Zwischenzeit entfernte ich sämtliches Gepäck und dann gelang es uns das Motorrad wieder aufzurichten. Mit seiner Hilfe kam ich auch drauf. Nachdem der Motor angesprungen war bedankte ich mich und der junge Mann fuhr weiter. Danach begann ich mit Pudding in den Beinen und erneut quer zur Fahrbahn stehend, das Motorrad doch noch irgendwie zur Außenkurve zu fahren. Irgendwie schaffte ich es dann nach mehrmaligen Anläufen auf die Fläche, auf der nicht mal ein Kleinwagen hätte abgestellt werden können. Kurz danach erschien die Polizei. Als ich erklärte, dass alles in Ordnung sei, war es für sie auch in Ordnung. Da es auch mit meinen Stiefeln auf dem feuchten Pflaster eine rutschige Angelegenheit war, kamen sie meiner Bitte nach und brachten sämtliches Gepäck nach oben. Die restlichen 100 Meter auf feuchtem Pflaster gingen dann wie geschmiert...
Mein "Freund und Helfer"
Oben mündete die Straße dann an der offensichtlichen Hauptstraße. Nachdem ich alles wieder am Motorrad befestigt hatte, fuhr ich, Schweiß gebadet, zum so genannten Heiligtum und nahm mir dann eine dringend nötige Auszeit. Die Stadt Braga selbst habe ich mir dann nicht mehr gegönnt und damit auch darauf verzichtet, wie zur vollen Stunde angeblich alle Kirchenglocken läuten sollen. Bei mir klingelte noch genug.
Beeindruckend in 3 D
Auf dem Weg nach Porto, wo ich die nächsten zwei Nächte bleiben wollte, legte ich noch einen Stopp in Guimaräes ein. Erklärte Wiege der Nation mit restaurierter Altstadt. Vom Largo do Oliveira, dem Ölbaumplatz, ging ich hinauf zur Burg und schlenderte anschließend noch ein wenig durch die Gassen.
In Porto angekommen überquerte ich den Rio Douro über die doppelstöckige Brücke Ponte Dom Louis I und bekam in der Dämmerung schon mal einen Eindruck dessen, was ich am nächsten Tag zu Fuß erkunden wollte. Die Wohnung lag in der 10. Etage und ein abgesicherter Tiefgaragenplatz war inklusive.
Meine Wirtin sagt mir, dass es morgen bis zu 24 Grad werden sollen. Da bin ich mal gespant.
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